AWO Mittelrhein wendet sich an die Bundespolitik

AWO Mittelrhein fordert: Kindergrundsicherung endlich umsetzen!

Seit fast 15 Jahren setzt sich die AWO für eine Kindergrundsicherung ein. Angesichts der sich zuspitzenden Finanzierungsdebatten der letzten Tage und Wochen wendet sie sich nun an die Bundestagsabgeordneten aus dem Bezirksgebiet.

„Im Bezirksgebiet der AWO Mittelrhein leben rund 18 % der Menschen in Armut. Die Folgen von Armut für den Alltag der Kinder und Jugendlichen sehen wir jeden Tag in den Kindertageseinrichtungen, dem Offenen Ganztag und in unserer Beratungspraxis“, sagt Michael Mommer, Vorsitzender des AWO Mittelrhein. In Deutschland stagnieren die Armutsgefährdungsquoten für Kinder seit Jahren auf dem konstant hohen Niveau von circa 20 Prozent. Armut ist damit ständiger Gast in den Kinder- und Jugendzimmern von fast 3 Millionen Heranwachsenden. Gleichzeitig leidet das System der monetären Familienförderung unter verschiedenen Defiziten und kann in seiner bisherigen Form das Problem der Kinderarmut daher nur unzureichend lösen. Um diese Probleme im System der Familienförderung zu beseitigen und Kinderarmut effektiv zu bekämpfen, hat die AWO 2009 das Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG mitgegründet, das sich seitdem mit einem eigenen Konzept für die Einführung einer echten Kindergrundsicherung einsetzt.

Nachdem es die Einführung einer Kindergrundsicherung in den Koalitionsvertrag geschafft hat, wird in den letzten Wochen öffentlich zwischen der Bundesfamilienministerin und dem Bundesfinanzminister darüber gestritten, ob eine Finanzierung der Kindergrundsicherung möglich ist, da zusätzliche Mittel für eine ambitionierte Umsetzung gebraucht werden.

Die Bekämpfung der Kinderarmut muss dringend angegangen und dafür zusätzliches Geld in die Hand genommen werden!

Sabine von Homeyer, Vorständin der AWO Mittelrhein äußert sich dazu deutlich:
„Die Bekämpfung der Kinderarmut mussdringend angegangen werden und dafür muss auch zusätzliches Geld in die Hand genommen werden! Zur Refinanzierung stehen der Bundesregierung zahlreiche Möglichkeiten zur Verfügung. Leere Staatskassen sind in diesen Zeiten die Folge politischer Entscheidungen und keine Notwendigkeit. Deshalb lassen wir uns auch nicht ein auf ein Händel - Geld für die Familien versus Infrastrukturausbau - beides brauchen wir dringend und nur beides kann Kinderarmut nachhaltig beseitigen.“

Forderungen an die Politik:

In dem Schreiben an die Bundespolitikerinnen der Region hat die AWO Mittelrhein diese Forderungen für eine Kindergrundsicherung, einen Weg aus der Armut / Armutsgefährdung weisen soll:

  • Einen Maximalbetrag von 746 Euro bis zur grundlegenden Neuermittlung des Existenzminimums unter Beteiligung von Kindern und Jugendlichen. Dieser Betrag entspricht der aktuellen Höhe der Kinderfreibeträge im Steuerrecht. Bis dieses umfangreich neu bemessen wird stehen auch kurzfristige Übergangslösungen zur Verfügung: Eine Veränderung der „Referenzgruppen“ bei der statistischen Ermittlung des Existenzminimums, eine stärkere Orientierung an der gesellschaftlichen Mitte und der Wegfall bestimmter aktueller Streichungen, vor allem im Bereich der sozio-kulturellen Teilhabe von Kindern und Jugendlichen.

  • Einbezug der steuerlichen Kinderfreibeträge in die Kindergrundsicherung: Nicht nur perspektivisch, sondern von Anfang an, der Garantiebetrag muss maximaler Entlastungswirkung entsprechen.

  • Eine Schlechterstellung von Alleinerziehenden im unteren Einkommensbereich (Kinderzuschlag, Wohngeld) im Vergleich zum Status Quo muss vermieden werden, zum Beispiel durch einen Freibetrag für Unterhalt und Unterhaltsvorschuss oder eine nicht volle Anrechnung für diese Einkommen analog zu den Regelungen im Kinderzuschlag.

  • Die Schnittstelle zum Wohngeld muss unbedingt geklärt werden: keine Berücksichtigung der Kindergrundsicherung als Einkommen beim Wohngeld. Pragmatische Lösung für eine Verrechnung der Wohnkostenpauschale und den Wohngeldanteilen der Kinder muss gefunden werden.

Die AWO arbeitet im Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG intensiv an der möglichen Klärung von Umsetzungsfragen mit. Dazu gehören die (möglichst) automatisierte Berechnung und Auszahlung der Leistung, die Schnittstellen zum Aufenthaltsrecht und dem AsylbLG, dem Unterhalt und Unterhaltsvorschuss sowie der Ausbildungsförderung.

In NRW ist die Armutsquote überproportional, um 9,1 Prozent, gestiegen

Michael Mommer bekräftigt die Forderungen mit den Zahlen aus dem aktuellen Armutsbericht des Paritätischen: „In NRW ist die Armutsquote überproportional, um 9,1 Prozent, gestiegen. Das darf sich nicht verfestigen, das muss geändert werden. Wir wenden uns an die Politikerinnen und Politiker aller demokratischen Parteien, damit diese sich im Rahmen ihres Mandats für eine Kindergrundsicherung einsetzen. Kinder aus armen oder von Armut bedrohten Haushalten müssen gleiche Chancen auf ein selbstbestimmtes Leben haben.“